Martin Gotter, Dezember 2006
Das Verschmelzen, d.h. die Fusion, sowie die Teilung von fluiden Amphiphil-Doppelschichten (Bilayern) ist ein Schlüsselprozess in der Biologie, sowohl auf zellulärer wie subzellulärer Ebene. In einem Modelsystem, bestehend aus Wasser im Überschuss (D2O), Öl (n-Dekan) und nichtionischem Tensid (C12E5), werden die Kinetik und die Mechanismen von Übergängen zwischen zwei Phasentypen mit ausgedehnten Bilayerstrukturen, d.h. der lamellaren L?- und der L3-Schwammphase, untersucht. Eine sprunghafte Temperaturänderung dient dazu, die Phasenumwandlungen zu initiieren. In der isotropen L3-Phase bildet eine kontinuierliche Amphiphil-Membran, von dreidimensionaler Ausdehnung, mehrfach verbundene Passagen aus, während die anisotrope, L?-phase eine planare Doppelschichtstruktur smektischer Fernordnung aufweist. Dementsprechend umfasst der Phasenübergang von L3 nach L? Passagenzerstörung/ Bilayerteilung, während die L? nach L3 Umwandlung durch Passagenbildung/ Bilayerfusion gekennzeichnet ist. Durch Anwendung zeitaufgelöster 2H-NMR Spektroskopie und Kleinwinkelneutronenstreuung (SANS) kann gezeigt werden, dass die zwei Umwandlungen durch grundlegend unterschiedliche Mechanismen bestimmt werden: Keimbildung und Wachstum im Falle von L3 nach L? und aufeinanderfolgende, nicht korrelierte Passagenbildung im umgekehrten Fall. Die Kinetik der L3 nach L? Umwandlung, erfolgreich beschrieben durch das Avrami Model, ist stark abhängig vom Grad der Temperaturänderung, dem Bilayervolumenanteil, sowie der Viskosität und sie ist langsam (ca. 300-4000s) gegenüber dem Umkehrprozess (ca. 600s). Obwohl dort zu Beginn (<200s) Passagenbildung sehr schnell erfolgt, scheint es, dass sich der Prozess merklich verlangsamt, sobald eine kritische Passagendichte erreicht ist. Auch gibt es Hinweise, dass die Auflösung der lamellaren Fernordnung ein geschwindigkeitsbestimmender Faktor sein könnte. Ferner findet man, dass in der L3 nach L? Umwandlung die L?-Keime einen wesentlich höheren Bilayervolumenanteil enthalten, als von der Gleichgewichtskonzentration vorhergesagt. Dies kann progressive Keimbildung zu einem fortgeschrittenen Zeitpunkt der Umwandlung eindämmen. Die vorliegende Arbeit stellt die erste systematische Untersuchung von Keimbildungs- und Wachstumsphänomenen in einem Mikroemulsionssystem dar. Die gezeigten Resultate bilden die Grundlage zur Verbesserung der theoretischen Beschreibung von Bilayerfusion und Bilayerteilung.