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Siegel der Universität
Department für Chemie - Arbeitsgruppe Prof. Strey

Keimbildung: Ein universeller Prozess

Verantwortlich: Dr. Judith Wölk, Prof. Dr. Reinhard Strey

Keimbildung im Alltag: Blasenbildung in Champagner. (siehe auch <a href="http://dx.doi.org/10.1021/jp0640427" target="_blank">Liger-Belair et al., J. Phys. Chem. B 110, 21145 (2006)</a>; <a href="http://www.flickr.com/photos/gaetanlee/162917592/" target="_blank">Foto von Gaetan Lee</a> unter <a href="http://creativecommons.org/">Creative Commons</a> Lizenz.)

Keimbildung ist der erste Teilprozess, der einen Phasenübergang erster Ordnung einleitet. Beispiele hierfür sind das Gefrieren von Wasser zu Eis, Blasenbildung beim Übergang von der flüssigen zur gasförmigen Phase (z.B. beim Öffnen einer Wasserflasche mit gelöstem Kohlendioxid) oder die Kondensation eines Gases.

Wesentliches Merkmal der Keimbildung ist, dass die neue, bei den gegebenen Bedingungen thermodynamisch stabile Phase zunächst durch Keime ausgebildet wird. Die Bildung dieser (nur nanometergroßen) Keime ist zunächst kinetisch gehemmt. Sind die Keime jedoch einmal aus thermischen Fluktuationen gebildet, so wachsen sie schnell zur makroskopischen Phase an. Keimbildung kann damit auch als Prototyp eines aktivierten Prozesses verstanden werden.

Keimbildung ist ein allgegenwärtiger Prozess. So erfährt z.B. die von einem Vulkan ausgestoßene Lava einen schlagartigen Temperatur- und Drucksturz und bildet so die typischen von kleinen Gasbläschen durchsetzten Gesteine. Ein anderes Beispiel sind Wetterphänomene wie die Bildung von Regen, Nebel und Schnee. In der Medizin kennt man z.B. die Taucherkrankheit, die durch zu schnelles Auftauchen verursacht wird. Hier wird der zuvor im Blut gelöste Stickstoff durch den Druckabfall ausgast. Auch für die Industrie ist die Kenntnis der Keimbildungskinetik von höchstem Interesse, z.B. um den Tropfenschlag in Gasturbinen verhindern oder die Bildung des Kondensstreifens bei Düsenflugzeugen kontrollieren zu können.

Am Lehrstuhl Strey wird die Keimbildung mit Hilfe

erforscht.

Keimbildungsforschung

Keimbildung in der Atmosphäre: Kondensstreifen eines Flugzeuges mit Düsenantrieb (Foto von <a href="http://www.flickr.com/photos/jasmic/279706266/">Jasmic</a> unter <a href="http://creativecommons.org/">Creative Commons</a> Lizenz.)

Der Schwerpunkt der experimentellen und theoretischen Untersuchungen zur Keimbildung liegt wegen des Wunsches nach einem grundlegenden Verständnis bei der homogenen Keimbildung des gasförmig-flüssig Übergangs. In der Natur sind diese Prozesse jedoch nur in seltenen Fällen homogen. So beginnt Wolkenbildung in der Atmosphäre meist durch Anlagerung von Wassermolekülen an Staubpartikel in der Luft.

Eine exakte Beschreibung dieser alltäglichen inhomogenen Prozesse ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nach dem Stande der Forschung nicht möglich. Aus diesem Grunde besteht ein hohes Interesse daran, zunächst den fundamentalen, homogenen Keimbildungsprozess ? also die Keimbildung aus der reinen Substanz ? vollständig zu verstehen und beschreiben zu können. Voraussetzung dafür ist eine breite Basis an verlässlichen experimentellen Daten, anhand derer sich theoretische Ansätze prüfen lassen. Es zeigt sich, dass auch die homogene Keimbildung trotz intensiver Forschung nach wie vor viele Fragen aufwirft und weitere Forschung an homogenen Modell-Systemen notwendig ist.

Literatur

[1] F. F. Abraham, Homogeneous Nucleation Theory; The Pretransition Theory of Vapor Condensation (Academic Press, New York, 1974), p. 263.
[2] D. W. Oxtoby, J. Phys.: Condens. Matter 4, 7627 (1992).
[3] P. G. Debenedetti, Metastable Liquids: Concepts and Principles (Princeton University Press, Princeton, 1996), p. 400.
[4] D. Kashchiev, Nucleation: Basic Theory With Applications (Butterworth-Heinemann, Oxford, 2000), p. 544.